"Bedechte he sich suluen wol"

Textinformationen

Nummer im RLB: 30

Blattnummer: 26v

Texttyp: Nichtsangliche Texte – Reimpaarspruch (2.2)

Inhalt: Sprichwortartige Reimpaarsprüche zwischen 4 und 8 Zeilen, die moraldidaktische Themen verhandeln: Klage über das unangenehme Leben in der Fremde (RLB 29) sowie über Armut und Mangelerfahrung (RLB 31); Reflexion über Verstellung, Lüge, Selbsterkenntnis (RLB 30). RLB 30 ist deutlich von Freidanks "Bescheidenheit" angeregt worden.

Schreiberhand: 1; Hauptschreiber, Kursive

Autor: Keine Autorinformationen vorhanden.

Melodieaufzeichnung: Keine Melodie überliefert.

Notationstyp:

Textabdruck

Ranke/Müller-Blattau (1927) – S. 250 [58]

[. . . . . . . . . . . .]
[. . . . . . . . . . . .]
Bedechte he ſich ſuluen wol,
He were ſuluen ſchande vol,
Vnd bedechte he ſich recht,
He were küme des argheſten knecht
Seghe ſich en yſlich an,
He beloghe nicht enen andern maen.

Claussen (1919) – S. 75

[..................................]
Bedechte he ſich ſulven wol,
He were ſulven ſchande vol.
Und bedechte he ſich recht,
He were küme des argheſten knecht.
Seghe ſich en yslich an,
He beloghe nicht enen andern man.

Sprachstand

N

Der Reimpaarspruch Nr. 30 ist mittelniederdeutsch.

Er enthält mit der Variante yslich 'jeder' (V. 7) eine ostnd. Kennform, die im Ostelb. und Südmärk. belegt ist. Dagegen handelt es sich bei suluen 'selbst' (V. 3, 4) und wol 'wohl' (V. 3) um überregional gebräuchliche Formen in den nordnd. und ostf. Gebieten.

Liste der Kennformen

V. 3 suluen 'selbst' Nordniederdeutsch, Ostfälisch (Peters 4.5.4.4.)
V. 3 wol 'wohl' Nordniederdeutsch, Ostfälisch (Peters 4.6.4.4.)
V. 4 suluen 'selbst' Nordniederdeutsch, Ostfälisch (Peters 4.5.4.4.)
V. 7 yslich 'jeder' Ostelbisch, Südmärkisch (Peters 4.5.6.7.)

Einspielungen

Keine Einspielungen vorhanden.

Parallelüberlieferung

  • Bruxelles, Royal Library of Belgium: ms. 15589-623, Bl. 139ra
  • Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt: 8° Ms. philos. 5, Bl. 116v
  • Rostock, Universitätsbibliothek: Cf-8631.a, Buch II, Kapitel III (Randglosse), Bl. 179r
  • Tübingen, Universitätsbibliothek: Dk XI 1609-AF: 1, Bl. 23v–24r

Literatur

Classen, Albrecht: Deutsche Liederbücher des 15. und 16. Jahrhunderts. Münster [u.a.] 2001 (= Volksliedstudien. 1). S. 273.

Claussen, Bruno (Hrsg.): Rostocker niederdeutsches Liederbuch vom Jahre 1478. Herausgegeben von Bruno Claussen mit einer Auswahl der Melodien bearbeitet von Albert Thierfelder. Buchschmuck von Thuro Balzer. Rostock 1919. S. VIII.

Daebeler, Hans Jürgen: Musiker und Musikpflege in Rostock von der Stadtgründung bis 1700. Dissertation der Hohen Philosophischen Fakultät der Universität Rostock. Rostock 1966. S. 182.

Heydeck, Kurt: Die mittelalterlichen Handschriften der Universitätsbibliothek Rostock. Beschrieben von Kurt Heydeck. Wiesbaden 2001 (= Kataloge der Universitätsbibliothek Rostock. Erster Band: Die mittelalterlichen Handschriften). S. 130.

Holznagel, Franz-Josef: Das 'Rostocker Liederbuch' und seine neue kritische Edition. Unter Mitarbeit von Andreas Bieberstedt, Udo Kühne und Hartmut Möller. In: Niederdeutsches Jahrbuch. 133. 2010. S. 45–86, hier: S. 49 A. 14, 53 A. 27, 55, 57 A. 47.

Holznagel, Franz-Josef: Rostocker Liederbuch. In: Kühlmann, Wilhelm (Hrsg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollst. überarb. Aufl. Berlin / Boston 2008–2102. Band 10. 2011. S. 35–36, hier: S. 35–36.

Lietz, Hanno (Hrsg.): Bruno Claussen an der Universitätsbibliothek Rostock. 1912–1949. Rostock 1995 (= Veröffentlichungen der Universitätsbibliothek Rostock. 121). S. 57.

Malm, Mike: Rostocker Liederbuch. In: Achnitz, Wolfgang (Hrsg.): Deutsches Literatur-Lexikon. Das Mittelalter. Band 4. Lyrik und Dramatik. Mit einführenden Essays von Franz-Josef Holznagel und Klaus Vogelsang. Berlin / Boston 2012. Sp. 858–862, hier: Sp. 859.

Ranke, Friedrich / Müller-Blattau, Joseph M. (Hrsg.): Das Rostocker Liederbuch nach den Fragmenten der Handschrift neu herausgegeben von Friedrich Ranke und J. M. Müller-Blattau. Halle (Saale) 1927 (= Schriften der Königsberger Gelehrten Gesellschaft. Geisteswissenschaftliche Klasse. 4. Jahr. Heft 5), S. 195–196, 198–200, 250, 284–285.